0511/ 856 44 510

Aktuell

24
Jan.

Pressemitteilung: Der wirksamste Schutz vor Gewalt ist Behandlung

Hannover, 24.1.2025

Wir sind bestürzt von der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg vergangenen Mittwoch. Unser Mitgefühl gilt allen Betroffenen. Das Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen (NTFN e.V.) kümmert sich seit über 20 Jahren um die Versorgung von traumatisierten und psychisch erkrankten Geflüchteten. Wir sagen klar: “Der wirksamste Schutz vor Gewalt ist Behandlung” – das stellt auch die Bundespsychotherapeutenkammer fest. Doch für Geflüchtete gibt es zahlreiche strukturelle Hürden, die einer Behandlung entgegenstehen.

Mangelnde Perspektiven, beengte Massenunterkünfte – dazu der eskalierende gesellschaftliche Diskurs und traumatische Erlebnisse im Heimatland. Der psychische Druck unter Geflüchteten ist groß, bei manchen führt er zu schweren psychischen Erkrankungen. Nur ein kleiner Teil psychisch Kranker wird gewalttätig, und wenn, dann richten sie die Gewalt oft gegen sich selbst.

Jede Dritte geflüchtete Person hat Bedarf an psychosozialer Hilfe. Durch das Asylbewerberleistungsgesetz ist der Zugang zu therapeutischer Behandlung jedoch 3 Jahre lang eingeschränkt. Auch die Finanzierung von Dolmetschenden im Gesundheitswesen zur Überbrückung der Sprachbarriere ist weiterhin nicht gesetzlich geregelt. Nur 3% der hilfsbedürftigen Geflüchteten kommen laut Angaben unseres Dachverbands BAfF tatsächlich in Behandlung. Die Antwort darauf wäre bessere, frühzeitigere, und vor allem mehr Versorgungsangebote – und doch wurden die Bundesmittel für die Psychosozialen Zentren jüngst um die Hälfte gekürzt.

Ein weiteres Problem ist, dass psychiatrische Kliniken häufig nicht auf die Bedürfnisse geflüchteter Patient*innen vorbereitet sind. Sprachbarrieren oder mangelnde Sensibilität lassen den Frust auf beiden Seiten wachsen – darunter leidet die Behandlungsqualität. Regelmäßig wird uns berichtet, dass Geflüchtete nach wenigen Tagen aus der Klinik wieder entlassen werden, ohne dass ein Gespräch mit einem behandelnden Arzt oder Ärztin stattgefunden hat.

“Wir müssen die psychiatrischen Kliniken besser auf den Umgang mit geflüchteten Patient*innen vorbereiten. In Niedersachsen führen wir ein bundesweit einzigartiges Modellprojekt durch, bei dem spezialisierte Behandlungszentren für Geflüchtete eng mit Kliniken kooperieren. Dadurch finden psychisch schwer erkrankte Geflüchtete leichter den Weg in die Klinik oder in eine ambulante Nachbetreuung. Wir brauchen bundesweit mehr Projekte wie diese – und vor allem müssen diese finanziell abgesichert und institutionalisiert werden”, so Nicolai Zipfel, Vorstandsvorsitzender des NTFN e.V..

Sinnvoll sind auch frühzeitige psychologische Screenings in den Aufnahmezentren, die laut einer EU-Aufnahmerichtlinie vorgeschrieben sind, aber nur sehr selten durchgeführt werden. So können frühzeitig Bedarfe ermittelt werden und Menschen jene Hilfe erhalten, bevor sich ihr psychisches Leid chronifiziert oder verschlimmert.

All diese Maßnahmen können Gewalttaten wie in Aschaffenburg nicht verhindern – aber sie können deren Wahrscheinlichkeit senken.

Wir sind in unseren Gedanken bei den Opfern und wollen an dieser Stelle die Worte des Aschaffenburger Oberbürgermeisters Jürgen Herzing bekräftigen:

„Wir können und dürfen die Tat eines Einzelnen niemals einer ganzen Bevölkerungsgruppe anrechnen.”

Pressekontakt: Armin Wühle (a.wuehle@ntfn.de)

Spende an : Netzwerk für traumatisierte Flüchtlinge in Niedersachsen e.V. - Ihre Spende ist steuerlich absetzbar! Der Verein ist als gemeinnützig anerkannt und daher berechtigt, Spendenbescheinigungen auszustellen.

Wieviel möchten Sie spenden?
€10 €20 €30
Möchten Sie eine regelmäßige Spende abgeben? Ich möchte spenden
Wie oft möchten Sie, dass sich dies wiederholt? (einschließlich dieser Zahlung) *
Name *
Nachname *
Email *
Telefon
Adresse
Anmerkungen
Loading...