Stellungnahme des NTFN e.V. zur Neufassung des NPsychKG

Das Niedersächsische Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für Menschen mit psychischen Erkrankung (kurz: NPsychKG) wird derzeit überarbeitet. Vor der Verabschiedung durch die Niedersächsische Landesregierung wurde dem NTFN e.V. der Gesetzesentwurf zur Stellungnahme übermittelt. Unsere vollständige Stellungnahme lesen Sie hier. Die aktuell gültige Fassung des NPsychKG finden Sie hier.

Wir begrüßen vorneweg, dass im Gesetz zukünftig von Menschen mit psychischen Erkrankungen gesprochen wird, anstatt von psychisch kranken Menschen. Das ist sinnvoll, gerade angesichts der aktuellen Debatten mit stigmatisierenden Tendenzen. Auch der klare Grundsatz,
dass Zwang so weit als möglich zu vermeiden ist, ist positiv hervorzuheben.

Zielgruppe unserer Arbeit sind Menschen, die geflüchtet sind. In diesem Kontext sind folgende Aspekte des Gesetzentwurfes besonders wichtig:

-> In §2 wird neu festgelegt, dass auch geschlechts- und kulturspezifische Aspekte besonders zu berücksichtigen sind, dies ist sehr zu begrüßen. Eine verbindliche Regelung zu Sprachmittlung findet sich jedoch in der Gesamtschau nicht. Formulierungen wie „ist in Betracht zu ziehen“ sind unserer Ansicht nach nicht ausreichend. Es bedarf dringend einer verpflichtenden Regelung in Verbindung mit der notwendigen Klärung zur Kostenübernahme, wie sie im Koalitionsvertrag der letzten Bundesregierung vorgesehen war. Für einen Behandlungserfolg, für die Vermeidung von Zwangsmaßahmen und Chronifizierungen psychischer Erkrankungen, sowie für eine effektive präventive Erfassung von Gefährdungsrisiken ist eine gelingende Kommunikation unverzichtbar. 

-> Ein weiterer Aspekt, der die Behandlungserfolge von Geflüchteten einschränkt, ist die fehlende Kultursensibilität im Hinblick auf Haft- und Foltererfahrungen im Herkunftsland. Diese führen häufig dazu, dass – insbesondere geschützte Stationen – das Wiedererleben traumatischen Erlebens und vermeidbare Abwehrreaktionen begünstigen. Solche Klarstellungen sind wichtig, da viele das Wort kulturspezifisch weiterhin nur im Kontext von scheinbar national oder religiös fixierter Angewohnheiten und Verhaltensmuster lesen.

-> Die Einführung einer telefonischen Rufbereitschaft der SPDis für Einrichtungen und Institutionen ist ausdrücklich zu begrüßen und ein wichtiger Schritt zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen. Er kommt dem entgegen, was vielfach gewünscht wurde bspw. aus den Unterkünften für Geflüchtete in den Abendstunden, aber auch von Polizeidiensten im Kontext von Eskalationen. Eine Rufbereitschaft, die auch Angehörige und Patient*innen mit einbezieht wäre eine wünschenswerte Weiterentwicklung. Auch das regelhafte Aufsuchen von Betroffenen nach Entlassung durch den SPDi ist zu begrüßen. Insbesondere ist hier positiv hervorzuheben, dass die Gesetzesbegründung hier auch darauf verweist, dass Bewohner*innen von Landesaufnahmeeinrichtungen in den Zuständigkeitsbereich der regionalen SPDis gehören und aufzusuchen sind. Wir sind jedoch in Sorge, dass die Möglichkeit der Unterbreitung von Hilfsangeboten derzeit stark begrenzt ist, insbesondere was die ambulante Versorgung und die Angebote der psychiatrischen Institutsambulanzen angeht. 

-> Grundsätzlich erscheint es auch aus unserer Erfahrung sinnvoll, die Möglichkeiten für eine Unterbringung in bestimmten eng begrenzten Konstellationen zu erleichtern. Die richterliche Überprüfung ist dabei unabdingbar, um individuelle Rechte zu schützen. Es ist aus unserer Sicht erforderlich, sicherzustellen, dass es hier weder zu einer Stigmatisierung aufgrund eines Krankheitsbildes noch aufgrund der Herkunft kommt.

-> Offenlegung durch Datenübermittlung: Eine Bewertung der geplanten Maßnahmen hängt sehr davon ab, wie die noch festzulegende Liste der meldepflichtigen Gefährdungsmerkmale aussehen wird. Es besteht Sorge, dass eine Verwaltungsvorschrift keine ausreichend hohe Hürde
darstellt und leicht in anderen politischen Konstellationen weitere Merkmale eingeführt werden können. Ein Gefährdungsregister für Menschen mit psychischer Erkrankung lehnen wir ausdrücklich ab. 

-> Zur Gewährleistung einer wirksamen Behandlung ist es notwendig sicherzustellen, dass Menschen nicht aus laufenden stationären Behandlungen abgeschoben werden können. Eine solche Regelung gibt es bereits in mehreren Bundesländern u.a. in Schleswig- Holstein.