Unser NTFN-Fachtag: “Worte helfen – Sprachmittlung als Bestandteil der Gesundheitsleistung”
Am 15. September 2023 haben wir unsere diesjährige NTFN-Jahrestagung in Hannover begangen, dieses Mal zur Sprachmittlung in der psychosozialen und psychotherapeutischen Gesundheitsversorgung. Knapp 100 Fachkräfte, darunter auch viele Dolmetschende, haben daran teilgenommen. Die Tagung fand im Rahmen des “refuKey”- und des “Worte helfen”-Projekts statt.
Für den NTFN e.V. begrüßte Vorstandsmitglied Henning Röhrs (Kinder- und Jugendpsychotherapeut). Die Tagesmoderation übernahm der refuKey-Projektreferent Armin Wühle
Mit einem einleitenden Fachvortrag stellte Dr. Ferdinand Haenel (Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie, ehemals Leiter der Tagesklinik im Zentrum Überleben/Berlin) die Grundlagen der Sprachmittlung in psychotherapeutischen Setting dar. Er präsentierte gängige Problemfelder, die im Beziehungsgeflecht Berater*in <-> Dolmetschende <-> Klient*in auftreten können und teilte Erfahrungswerte aus jahrelanger Praxis. Insbesondere mit den anwesenden Berater*innen und Dolmetschenden entwickelte sich eine lebendige Diskussion.
Anschließend wollten wir uns den gesetzlichen Rahmenbedingungen der Sprachmittlung – und insbesondere deren Finanzierung – widmen. Seit langem fordern Ärztekammern, psychotherapeutische und psychiatrische Verbände sowie der Dachverband der Psychosozialen Zentren (BAfF e.V.), dass die Kosten für Sprachmittlungen im Gesundheitswesen übernommen werden müssen. Auch im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien ist dies als Ziel festgehalten.
Bei einer Diskussion mit dem Bundestagsabgeordneten MdB Dirk-Ulrich Mende (SPD) sowie mit Jörg Holke (Geschäftsführer Aktion Psychisch Kranke e.V.) und Lukas Welz (Geschäftsleiter BAfF e.V.) sind wir dem aktuellen Stand der Gesetzesänderungen nachgegangen – und haben nochmal auf die Dringlichkeit unseres Anliegens hingewiesen. Die Moderatorin Karin Loos (Geschäftsführerin NTFN e.V.) verwies auch auf bestehende Spielräume der Kostenübernahme, die bis zur endgültigen Verabschiedung der Gesetzesänderungen genutzt werden müssten. Eine Bundestagsvertretung der Grünen musste leider kurzfristig absagen, die FDP hat trotz Einladung keine Abgeordneten entsandt.
In der Mittagspause konnten alle Teilnehmenden kurz Luft holen.
Bevor am Nachmittag der fachspezifische Schwerpunkt der Tagung startete, wurde Dr. Ibrahim Özkan für seine Verdienste in der refuKey-Steuerungsgruppe geehrt, deren Mitglied er seit Projektstart 2017 war.
Anschließend verteilten sich die Teilnehmenden auf drei parallele Veranstaltungen: Dr. Umut Altunöz (Hannover) sprach in seinem Workshop über Fehldiagnosen im Kontext von Verständigungsschwierigkeiten; Dr. Mascha Dabić (Wien) vertiefte die Diskussion über das Rollenverständnis von Dolmetschenden im beratenden Setting und verortete diese in der Grauzone zwischen unsichtbarer Stütze und handelnden Dritten; Dr. Ferdinand Haenel (Berlin) gab in seinem Workshop konkrete Hilfestellungen zur Arbeit mit mehreren Dolmetschenden in psychiaitrisch-psychotherapeutischen Gruppensettings
Martin Roger, NTFN-Vorstandsmitglied und Nds. Landesbeauftragter für Flüchtlingsfragen bei Amnesty International, beleuchtete in seinen Abschlussgedanken das Thema Sprachmittlung im Gesundheitswesen aus einer menschenrechtlichen Perspektive.
Wir danken allen Teilnehmenden für den sehr regen und konstruktiven Austausch. Im Anschluss an die Tagung entsteht ein Tagungsbericht, dieser wird allen Teilnehmenden zugehen und wird vsl. im Oktober 2023 auch online unter www.ntfn.de/aktuell zur Verfügung stehen.
Gefördert durch das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung im Rahmen der Projekte “refuKey” und “Worte helfen”