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09
Dez

Worauf dürfen wir hoffen? Statements von NTFN-Mitarbeiter*innen zum Jahresende

“If we only see the worst it destroys our capacity to do something.” (Howard Zinn)

Liebe Mitstreiter*innen, Liebe Interessierte,

Was ist der Mensch? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? … Diese kantischen Fragen stellen sich heute in besonderer Weise angesichts der zunehmenden Zahl an Kriegen, Krisen und Klimakatastrophen. Jeden Tag sehen, erleben und spüren wir deren unmittelbare Folgen für die Menschen in unseren Psychosozialen Zentren (PSZ) für traumatisierte und psychisch erkrankte Geflüchtete.

Handlungsfähig bleiben ist dabei ein zentraler Faktor für Resilienz: Bei den Menschen, die uns in den Beratungsstellen aufsuchen und unsere Behandlungsangebote wahrnehmen; bei denjenigen, die Geflüchtete weiterhin ehrenamtlich unterstützen, auch wenn es nicht mehr dem vorherrschenden Zeitgeist entspricht; und auch bei den Mitarbeiter*innen des NTFN.

Wir haben daher für diesen Adventsbrief Mitarbeiter*innen gefragt, worauf sie hoffen und was sie antreibt. Einen Teil der Ergebnisse wollen wir Ihnen hier zeigen. Weitere Statements von Mitarbeiter*innen auch der PSZs in Braunschweig, Lüneburg und Oldenburg, finden Sie auf unserer Homepage www.ntfn.de.

Um in unseren PSZs handlungsfähig zu bleiben, brauchen wir Ihre Unterstützung. Auch unsere Arbeit ist von Kürzungen betroffen und bedroht, z.B. durch die angedrohten Kürzungen der Bundeszuwendungen auf etwa ein Drittel.

Für Ihre Mithilfe, Ihren Mitgliedsbeitrag, Ihre Spende sagen wir Ihnen auf diesem Weg schon jetzt herzlichen Dank und wünschen Ihnen eine hoffnungsvolle Zeit.

Gemeinsam stärker – Ihr NTFN e.V.

Karin Loos, Geschäftsführung NTFN e.V.

Maria Hurtado, geboren in Guatemala-Stadt, Guatemala. Psychologin, Außenstelle Cuxhaven

“Die COVID-Pandemie hat die wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede in der Welt deutlich gemacht, insbesondere den Zugang zur psychischen Gesundheit. Seitdem hat sich die Situation in der Welt weiter verschlechtert. Was hat mir in all dieser Zeit Hoffnung gegeben? Das Wissen, dass es immer noch gute Menschen auf der Welt gibt, die sich für Menschen in Not einsetzen und gegen das Chaos ankämpfen. Durch die Arbeit beim NTFN kann ich meinen Teil dazu beizutragen, indem ich einen sicheren und einfühlsamen Raum für Geflüchtete schaffe. Ich habe mir die Worte des Politikers und Menschenrechtsverteidigers Václav Havel zu eigen gemacht:  ‘Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat, egal wie es ausgeht.’

Valeriia Lebedieva, geboren in Donezk, Ukraine. Psychologin, PSZ Oldenburg

“Auf der Ebene eines einzelnen Menschen kann ein Krieg zu unwiderruflichem Leid führen, und das ist sehr schmerzhaft, wenn man das sieht. Aber wenn man das große Ganze betrachtet, haben die Menschen selbst in den schwersten Zeiten weitergelebt: Sie haben sich verliebt, geheiratet, Kinder zur Welt gebracht und sogar in den schlimmsten Situationen manchmal Momente der Güte erlebt. Das lese ich in Büchern über den Zweiten Weltkrieg, und ich sehe es auch am Beispiel meiner Freunde in der Ukraine. Ich kann das, was in der Welt gerade passiert, im Großen nicht verändern. Aber ich kann ein kleiner Teil von etwas wirklich Gutem in diesen dunklen Zeiten sein, und das gibt mir Kraft.”

Tamara Jupiter, geboren in Wien, Österreich. Psychotherapeutin, PSZ Lüneburg

“Die Kraft des Menschseins liegt darin, auch in hoffnungslosen Situationen weiterzumachen.”

Alina Kuhlmann, geboren in Wetka, Belarus. Beraterin, PSZ Lüneburg

“Hoffnung ist ein Lebenskompass, der einen positiven Blick in die Zukunft ermöglicht, eine Art Urvertrauen, das man in die Welt, in die Menschen und das Leben selbst setzt. Sie gibt uns Halt in stürmischen Zeiten und lässt uns mutig neue Wege gehen und kreative Lösungen ausprobieren. Auf ein neues, hoffnungs- und wunder-volles Jahr, liebes NTFN-Team!”

Lamia Alhamwi, geboren in Salamiah, Syrien. Psychologin, PSZ Braunschweig

“Trotz der vielen Krisen und Kriege, die uns umgeben, habe ich tiefes Vertrauen in den Lebenswillen der Menschen und ihre Fähigkeit zur Solidarität, zum Mitgefühl sowie zur Veränderung und Verbesserung. Dieses Vertrauen gibt mir die Kraft, die Hoffnung nicht aufzugeben und mich weiterhin für das Gemeinwohl einzusetzen. Auch in schwierigen Zeiten können wir durch kleine, aber bedeutsame Schritte – wie gegenseitige Unterstützung, die Stärkung von Gemeinschaft und das Engagement für positive Veränderungen – handlungsfähig bleiben und eine bessere Zukunft gestalten.”

Helen Bannenberg, geboren in der Nähe von Hamburg, Sozialpädagogin, PSZ Lüneburg

“Es sind die täglichen Begegnungen mit den Menschen, die mir Zuversicht geben: mit der ehrenamtlichen Begleitung, die unermüdlich Betroffene unterstützt, unseren Dolmetscher*innen, die emotionale Belastungen beim Übersetzen bewundernswert aushalten, den Therapeut*innen, die ihre Klient*innen so liebevoll begleiten oder den Mitarbeitenden der Flüchtlingshilfe im Allgemeinen, die sich trotz der prekären Rahmenbedingungen nicht davon abbringen lassen, für ihre Überzeugungen einzutreten und ihren Beruf weiterzumachen.”

Dalia Ajnass-Klossek, geboren in Beirut, Libanon. Vorstand des NTFN e.V.

“Unsere Gegenwart ist von globalen Krisen, Ungleichheit und erzwungener Migration geprägt. Trotzdem bewahre ich mir die Hoffnung, dass meine Kinder in Zukunft jene Freiheiten genießen können, die sie verdienen. Ich bin davon überzeugt, dass wir durch unser aktives Handeln, Solidarität und Menschlichkeit gemeinsam den Status quo für die nächste Generation verbessern können.”

Delaram Shafieioun, geboren in Isfahan, Iran. Psychologin, PSZ Osnabrück

“Was mir Hoffnung macht, ist Zusammengehörigkeit und Verbundenheit. Wir arbeiten im Team zusammen und sind mit unterschiedlichen Erfahrungen aufgewachsen, leben in verschiedenen Realitäten, haben aber ein gemeinsames Ziel und gemeinsame Werte. Diese Verbundenheit trotz der Spaltung ist für mich ein kleiner Anker. Dass Menschen ebenso empört sind über die Dinge, die geschehen, obwohl sie nicht direkt davon betroffen sind.”

Nele Klingemann, geboren in Hildesheim, Deutschland. Praktikantin, PSZ Hannover

“Die Menschen selbst geben mir Hoffnung. Wenn ich eine neue Person kennenlerne und sie mir von ihrer Geschichte erzählt, bin ich von der Stärke dieser Person und der Sehnsucht nach einem besseren Leben hier in Deutschland beeindruckt. Dass Menschen nicht aufgeben, obwohl sie unvorstellbar schlimme Dinge erlebt haben, gibt mir selbst die Hoffnung und treibt mich sowohl beruflich als auch privat an.”

Necmiye Miişoğlu, geboren in Mardin, Türkei. Sprechstundenassistenz, PSZ Hannover

“Was mir Hoffnung macht, ist unser Zusammenhalt. Corona hat uns gezeigt, dass wir eine Krise auch gut überwinden können. Ich setze meine Hoffnung in die Beharrlichkeit, mit der wir gegen Unterdrückung und Ungerechtigkeit kämpfen.”

Dr. Gisela Penteker, geboren in Dinkelsbühl, Deutschland. Vorstand des NTFN e.V.

“Hoffnung ist ein schwieriges Wort in diesen rauen Zeiten. Was hilft, ist die Zusammenarbeit mit anderen Menschen im Team und die kleinen Schritte der Begleitung und Hilfe für einzelne Menschen, die zunehmend unter die Räder der Bürokratie und der fremdenfeindlichen Entwicklung geraten. Ich habe die (kleine) Hoffnung, dass sich die Zeiten wieder ändern, wenn wir nur konsequent und empathisch unsere Arbeit tun.”

Olviia Denshchykova, geboren in Kiew, Ukraine. Psychologin, PSZ Göttingen

“Hoffnung ist für mich, Unterstützung zu leisten, egal wie schlecht die Dinge sind. Hoffnung ist das Licht im Dunkeln. Ich kann momentan keine Lösung sehen, alles ist schwer, aber ich kann immer hoffen, dass es in Zukunft besser wird. Man darf ein positives Ende nie ausschließen.

Saad Shaheed, geboren in Peshawar, Pakistan. Psychologe, PSZ Osnabrück

“Die Kriege weltweit und die politische Situation in vielen Ländern lassen mich mit Hoffnungslosigkeit kämpfen. Aber wegen meines Kindes und aller Kinder möchte ich etwas für sie erreichen, damit sie lernen: Wir können einen Unterschied machen, wenn vielleicht nicht im Großen, so doch in kleinen Dingen. Wenn wir hier im Team gemeinsam arbeiten, versuchen wir ebenfalls unser Bestes. Manchmal erreichen wir keine Veränderung – aber für jene Menschen, deren Gesundheit und deren Leben wir verbessern können, lohnt sich unsere Arbeit.

Trina Mansoor, geboren in Kabul, Afghanistan. Dolmetscherin und Psychosoziale Betreuung, PSZ Hannover

“Ich verließ Kabul in einer pechschwarzen Nacht, als die Hoffnung wie ein verlorenes Licht schien. Mein Land habe ich nie wieder gesehen, doch die Solidarität, die ich hier erlebte, entfachte neue Hoffnung in mir. Selbst in der tiefsten Dunkelheit wird ein Funke Licht erstrahlen, erhellt durch die Kraft der Menschlichkeit.”

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